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Donnerstag, 24. März 2016

Smalltalk: Das können die Amies!

Den Amerikanern wird ja nachgesagt, dass sie oberflächlich sind. Für uns Deutsche scheinen sie sich viel zu offen und herzlich zu geben. Ganz besonders wildfremden Menschen gegenüber. Und irgendwie sind wir dann immer enttäuscht, wenn diese Herzlichkeit nicht die geringste Bedeutung zu haben scheint. Für Feten ist diese Eigenschaft allerdings phantastisch.

Ich habe Partys schon immer gehasst. Vielleicht nicht als kleines Kind aber als pummeliger Teenager gab es nichts Schlimmeres für mich, als auf eine der Schulfeten zu gehen oder, oh Graus, zu einer Party meiner Freundinnen eingeladen zu werden.

Nun ist frau ja oft sowieso als Teenager stark verunsichert. Aber ich wusste damals wirklich nicht, wie ich mich normal verhalten sollte, so verkrampft und voller Angst war ich. Gleichzeitig versuchte ich zu verheimlichen, wie schlecht es mir eigentlich immer bei solchen lauten und fröhlichen Gelegenheiten ging. Ich saß mit eingebranntem Lächeln auf meinem Stuhlrand und schaute den anderen beim Knutschen zu. Trotzig tanzte ich dann alleine auf der Tanzfläche, da keiner sehen sollte, wie ich das alles hasste. Einerseits verabscheute ich mich damals aber gleichzeitig hoffte ich mit ganzer Kraft und aller pubertären Hormone, deren ich habhaft werden konnte, dass einer der Jungs in unsterbliche Liebe zu mir entbrennen würde. Mir war egal, welcher Junge. Irgendeiner, der meine innere Schönheit wahrnehmen konnte, von der ich selber nicht wusste, wie die aussah.

Sonntag, 7. Februar 2016

Wir sind doch hier nicht bei den Hottentotten!

Ich muss mir meine Lieblingssprüche abgewöhnen, da sie hier als absolut rassistisch gelten.

Krampfhaft versuchte ich meinen Kolleginnen letzte Woche den Spruch mit den Hottentotten ins Englische zu übersetzen. Das war grammatikalisch an sich kein Problem aber dann musste ich noch eine lange Erklärung dazu abgeben, was die Hottentotten eigentlich sind und wofür sie in diesem Ausruf stehen.

Und da wurde es dann peinlich.

Ich erklärte also, dass die Hottentotten die Bezeichnung für einen afrikanischen Stamm sei und sie in diesem Fall für Chaos und Unterentwicklung stehen würden. In der Sekunde, wo ich das sagte, wusste ich, dass ich gerade einen schlimmen Faux Pas begangen hatte.

Dienstag, 2. Februar 2016

Übertreiben auf Amerikanisch

Amerikaner haben so ihre Eigenart auf bestimmte Nachrichten zu reagieren, genau wie wir Deutsche.

Vor zwei Wochen haben wir in unserer Firma die Nachricht erhalten, dass man noch genug Geld hat, um bis April weitermachen zu können. Bis dahin hieß es, dass sie uns nur bis Ende Januar Gehalt zahlen könnten. Im März werden wir dann wahrscheinlich wissen, was dann endgültig mit der Firma passieren wird.

Natürlich fragen mich meine amerikanischen Freundinnen hier andauernd, ob sich irgendetwas Neues mit meiner Firma ergeben hat. Seit zwei Wochen kann ich darauf antworten, dass ich meinen Job bis April behalten werde. Und jede von ihnen reagierte in etwa auf dieselbe Art: Mit lauten schrillen "Oh, that's wonderful! I am soooooo happy for you. Congratulations!!!!!!"

Jedes Mal guckte ich ein wenig dumm aus der Wäsche. Wonderful? Was bitte, ist daran wonderful, wenn ich nicht weiß, ob ich im Mai arbeitslos sein werde oder nicht? Ich habe mich ja schon sehr an die amerikanische Art gewöhnt, alles einfach großartig, phantastisch, und toll zu finden. Aber in diesem Fall musste ich mir mehrmals auf die Zunge beißen und nickte einfach nur freundlich.

Samstag, 2. Januar 2016

Bewerben auf Amerikanisch

Irgendwie macht es mir Amerika leichter, mich auf Stellen zu bewerben. Hier habe ich den Eindruck, dass meine Berufserfahrung sehr wertgeschätzt wird - und das hebt doch sehr mein Selbstbewusstsein.

Ich habe es immer gehasst, mich auf Stellen zu bewerben. Das war manchmal sogar einer der Gründe dafür, dass ich in Stellen aushielt, in denen ich eigentlich unglücklich war. Immer wenn ich mich bewerben musste, sah ich mich mit meinen mangelnden Qualifikationen konfrontiert. Ich war ja nicht das geworden, was meine Mutter (und viele Jahre auch ich) für mich erträumt hatte. Ich sollte eine hochdotierte Akademikerin werden und viel Geld machen.

Da das bei mir nicht hingehauen hatte, nahm ich jedes Mal, wenn ich mich auf Stellen bewarb, das zum Anlass, mich mal wieder so richtig zu schämen. Ich machte mich klein und fand einfach alles lächerlich und unwesentlich, was ich bisher an Erfahrung und Ausbildung anzubieten hatte. Es ist ein Wunder, dass ich mit dieser Einstellung trotzdem immer einen Job gefunden habe. Ich schreibe das einem anderen tiefsitzenden Glaubenssatz von mir zu: Ich bin nämlich immer sicher, dass ich einen Job finden werde. Dieser Glaubenssatz hat nichts mit meinen Qualifikationen zu tun sondern ist ganz einfach immer da. Und so war es bis jetzt ja auch - sogar als ich in die USA zog.

Sonntag, 27. Dezember 2015

So etwas wolltet ihr doch schon immer mal haben, oder?

Die asymetrisch rotierenenden Augen jedenfalls hoben
meine Festtagsstimmung ganz erheblich
Mein ursprünglicher Plan war, hier viele Fotos mit Beispielen amerikanischen Weihnachtskitsches zeigen zu können. Aber ich bin daran gescheitert, dass hier in Maine, für unsere Verhältnisse, gar nicht so viel dekoriert wird – von wenigen privaten Hausbesitzern mal abgesehen.

Im Vergleich zu den Mainern betreiben wir Deutschen den echten Dekorationsoverkill zu Weihnachten. Ich bin mir sicher, dass die Amies uns in anderen Teilen des Landes bestimmt schlagen können (denn dieses Land ist manchmal immer noch das Land der Superlative), aber trotzdem habe ich auch in Maine Beweise amerikanischer Kreativität entdecken können, die ich euch nicht vorenthalten will.

Samstag, 26. Dezember 2015

Mein fünftes Weihnachten in Amerika

Ich lebe gerne hier. Amerika ist bis jetzt wirklich gut zu mir gewesen. Und das obwohl hier Arbeitnehmerrechte so gut wie gar nicht existieren und auch das Gesundheitssystem im Vergleich zu unserem eher schlecht abschneidet. Aber ich hatte mit dem Gesundheitssystem bisher nur ein kleines teures Intermezzo gehabt und mit meinem Arbeitgeber habe ich einen tollen Fang gemacht (wenn man das so nennen kann).

Mein erstes Weihnachten vor fünf Jahren war ein Kulturschock gewesen. Obwohl es, glaube ich, gar nicht mal so viel mit der amerikanischen Kultur zu tun hat sondern eher mit der Familiendynamik meiner Schwiegerfamilie. Aber das wusste ich damals noch nicht, denn am Anfang war alles, was nicht so war, wie ich es gewohnt war, amerikanisch. Eine Verallgemeinerung, vor der ich mich heute hüte, aber zu der ich trotzdem immer noch neige.

Ich hatte damals meine Schwiegereltern und meine drei Teenager-Stiefsöhne für Heiligabend eingeladen. Sie sollten um 17 Uhr kommen. Ich bereitete also schon fast alles am Tag vorher vor, da ich am Heiligabend von der Arbeit nach Hause hetzen würde, um wenigstens eine Stunde vor meinen Gästen da sein zu können.

Samstag, 26. September 2015

Hilfe, ich werde amerikanissimiliert!

Es ist ja logisch, dass ich von der Kultur, in der ich jetzt lebe, beeinflusst werde. Aber was für Veränderungen sind das eigentlich?

Ich habe zwei Bereiche bei mir identifiziert, in denen ich Verhaltensveränderungen wahrgenommen habe.

1. Verhaltensweisen, die direkt an die englische Sprache gekoppelt sind.
  • Meine Stimmlage schraubt sich manchmal ziemlich in die Höhe, wenn ich Amerikanisch spreche. Das ist etwas, was ich überhaupt nicht gut finde aber kaum unter Kontrolle habe. So begrüßen sich amerikanische Frauen z.B meistens schrill und quietschend. Man kann das oft übertrieben in den TV-Shows sehen, aber die Realität ist nicht weit davon entfernt. Ich quietsche jetzt auch, wenn ich Freude oder Begeisterung ausdrücken möchte. Schauerlich, aber wahr.

Mittwoch, 2. September 2015

Ich hasse Pep-Up Talk

Nichts macht mich wütender als Leute, die mir durch Motivationsgebrabbel Leistung abschmeicheln wollen.

Andrew joggt - nicht übermäßig aber regelmäßig. Jedes Mal sind es so 10 bis 12 Kilometer. Zwei Jahre lag er mir in den Ohren, dass ich doch auch mal mit dem Laufen anfangen solle. Es sei so toll, so erholsam und danach würde man sich unter Garantie einfach fantastisch fühlen. Natürlich glaubte ich ihm kein Wort. Ich weiß genau, dass ich mich nach Sport nie gut fühle (siehe mein Post "Sport ist Mord").

Aber trotzdem gab ich eines Tages nach. Ich wollte ja keine Spielverderberin sein. Seitdem ich hierher gezogen bin, habe ich so viele Dinge zum ersten Mal ausprobiert Da wollte ich auch vor dem Joggen nicht halt machen. Aber ich konnte mir wirklich nichts Langweiligeres vorstellen, als stundenlang irgendwelche Straßen entlang zu traben und dabei zu keuchen und zu schwitzen. Nee, nee.

Mittwoch, 29. Juli 2015

Sind Amerikaner wirklich oberflächlich?

Viele Deutsche misstrauen der amerikanischen Herzlichkeit, denn sie erweckt in uns manchmal Erwartungen, die nicht erfüllt werden. Aber hat das wirklich etwas mit Oberflächlichkeit zu tun? Ist es nicht eher ein kulturelles Missversändnis?

Die ersten Amerikaner habe ich als Teenager kennengelernt. Meine Freundin und ich gingen jedes Wochenende ins Irish Pub und flirteten mit ihnen. Wir liebten die Amies, denn sie spendierten immer unsere Getränke (im Gegensatz zu den Deutschen). Ich hatte schon früh davon gehört, dass Amerikaner ungebildet und oberflächlich seien. Ich konnte mir damals nicht wirklich eine Meinung dazu bilden, denn ich war selber ungebildet und wahrscheinlich auch oberflächlich.

Aber eine Erfahrung war doch prägend für mich. Nachdem Andrew, den ich in unserem Irish Pub kennengelernt hatte, wieder nach Amerika zurück ging (ohne mich mitzunehmen), versuchte ich den Kontakt zu seinen Freunden in Berlin aufrechtzuerhalten. Ein Versuch, der kläglich scheiterte, da es deutlich wurde, dass ich anscheinend gar nicht zu deren Freundeskreis gehörte. Für sie war ich nur ein Anhängsel gewesen, mit dem sie ohne Andrew nichts anfangen konnten.