Meisten mache ich mir heute um Geld sorgen. Als ich noch in Deutschland lebte, hielten sich meine Sorgen über so etwas sehr in Grenzen. Ich fühlte mich ziemlich sicher. Zwar verdiente ich als Buchhändlerin und dann als Sekretärin weiß Gott kein Vermögen aber es reichte für alles, was ich so brauchte. Ich wusste, dass meine Rente miserabel aussehen würde, aber da machte ich mir keine allzu großen Sorgen. Ich würde dann zwar arm sein, aber auch dann würde ich irgendwie über die Runden komme.
An dem Tag, als ich beschloss, in die USA zu Andrew zu ziehen, änderte sich das schlagartig. Das Sozialsystem in den USA ist nicht ganz so komfortabel gestrickt, wie unseres in Deutschland und ich lag oft lange wach bei dem Gedanken, wie ich erstens einen Job mit Krankenversicherung und zweitens Geld für die Rente zusammensparen könnte. Schließlich war ich bereits über 40 als ich mich dazu entschloss in die USA zu ziehen.
Ich stellte nach einer Weile fest, dass ich irgendwie lernen musste mit meinen Zukunftsängsten umzugehen. Ansonsten stand zu befürchten, dass ich vor lauter Angst den Umzug dann doch nie wagen würde. Und das wäre furchtbar gewesen! Andrew war und ist die Liebe meines Lebens und ich wollte unserer Beziehung unbedingt eine Chance geben.
Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon die Gewohnheit entwickelt, mir jeden Morgen und Abend mindestens 15 Minuten eine "stille Zeit" zu geben in der ich zu meditieren versuchte. In dieser "stillen Zeit" wünschte ich mir dann eines Tages, als mich wieder einmal die Angst fest im Griff hatte, dass es jemanden gäbe, irgendjemanden, der mir garantieren konnte, dass alles gut werden würde.
Meine innere Finanzministerin
Während ich also versuchte, meine Angst zu unterdrücken, um wenigstens etwas Stille und Ruhe in meinen Kopf einkehren zu lassen, erschien eine ältere Frau vor meinen Augen - ganz unspektakulär und überhaupt nicht mystisch. Sie war eindeutig ein Produkt meiner Phantasie. Aber ohne dass ich mir bewusst Mühe gab, mir das vorzustellen, sah ich, wie sie meine Hände in ihre beiden Hände nahm und mir warm zulächelte. Und sie sagte "Alles wird ok. Mach dir keine Sorgen, Karina, denn alles wird sogar noch besser laufen, als du es dir im Moment vorstellen kannst".
Und ich glaubte ihr!
Dies war die Geburt meiner inneren Finanzministerin. Das Phantastische war, dass ich dieser inneren Person tatsächlich glaubte, zumindest für die Dauer unseres "Kontaktes". Und sie verließ mich auch nicht mehr. Am Anfang konnte ich sie immer in meiner stillen Zeit rufen, später rief ich sie, wann immer ich ihre Zuversicht brauchte.
Ich machte mir auch weiterhin immer wieder Sorgen, aber wann immer ich spürte, dass diese Sorgen zu stark wurden, stellte ich mir meine innere Finanzministerin vor. Es funktionierte jedes Mal. Der Kontakt mit ihr beruhigte mich und schenkte mir eine Zuversicht, die sich meiner Meinung nach, auf keinerlei realistischen und konkreten Fakten berufen konnte. Nach einigen Wochen merkte ich, dass ich mir im Allgemeinen weniger Sorgen machte und mit immer größerer Zuversicht in meine ungewisse Zukunft in den USA blicken konnte.
Aber das ist nur ein Teil der Geschichte.
Ich ziehe in meinem Leben das an, woran ich glaube.
Einerseits hat mir die Vorstellung meiner inneren Finanzministerin das Leben sehr erleichtert, da ich mein Ziel weiter verfolgen konnte, ohne andauernd gegen meine Ängste ankämpfen zu müssen. Andererseits weiß ich aber auch, dass ich anziehe, woran ich glaube. Das war ja noch ein weiterer Grund, warum ich so verzweifelt über meine Ängste war. Ich wusste, wenn ich in Angst lebe, ziehe ich genau das an, wovor ich mich so fürchte.
Durch meine innere Finanzministerin lernte ich aber Vertrauen in meine Zukunft zu haben. Ich lernte sogar, daran zu glauben, dass mein materielles Leben in den USA besser werden würde, als ich es mir vorstellen könnte.
Und so passierte es dann auch.
Ich zog um und fand kurz nach dem Erhalt meiner Arbeitsgenehmigung zwei wirklich gute Jobs, zwischen denen ich mich entscheiden musste. Nach drei Jahren arbeite ich immer noch in derselben Firma, für die ich mich damals entschieden hatte. Ich hätte nie geglaubt, dass ich so zufrieden und glücklich in meinem ersten Job in den USA hätte sein können. Ich habe dort sogar eine für die USA ungewöhnlich großzügige Urlaubsregelung, von der ich mir NIEMALS hätte vorstellen können, dass das möglich gewesen wäre. Deswegen kann ich zwei Mal im Jahr nach Hause fahren (normalerweise haben Amerikaner nur zwei Wochen im Jahr Urlaub, ich habe vier).
Manchmal sagt mir eine leise innere Stimme, dass es gefährlich sei, wenn ich mir keine Sorgen mache. Diese Stimme ist davon überzeugt, dass meine Sorgen mich schützen, damit ich besser auf mich aufpassen kann.
Das mag vielleicht für andere stimmen. Ich für mich habe aber die Erfahrung gemacht, dass mich Angst lähmt. Wenn ich Angst habe, dann tue ich gar nichts mehr. Und ich sorge schon erste recht nicht vor. Ich bin dann nämlich damit beschäftigt, Angst zu haben. Ich kann dann keine Entscheidungen mehr treffen, aus Angst davor, dass es die falsche sein könnte.
Lebe ich aber im Vertrauen, verhalte ich mich anders. Ich bin offen und flexibel. Ich habe Ideen und traue mich etwas und - und das ist das allerschönste daran - ich habe dann immer Glück. Das Schicksal scheint mir dann immer in die Hände zu spielen.
Alles, was ich tun muss, ist mich daran zu erinnern, was für einen Unterschied diese beiden Gefühle in meinem Leben ausmachen. Und dann spüre ich sie wieder: Meine innere Finanzministerin.
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