Dienstag, 21. April 2015

Du liebst mich nicht (schon wieder)

Manchmal habe ich Erwartungen an Andrew, die derartig diffus sind, dass noch nicht einmal ich weiß, wie sie erfüllt werden können. Ich steigere mich dann in einen Ärger hinein, der nur dadurch zu lösen ist, dass ich mir bewusst mache, was in mir gerade vorgeht. In diesem Fall stellte ich fest, dass meine Unsicherheit, was seine Gefühle für mich anbelangen, wieder alte kitschige Hollywoodbilder vom idealen Gatten hochflammen ließen. Bilder, die alles andere als realistisch sind.

Ich habe schon in einem früheren Artikel Vorsicht bissiger Kitschroman geschrieben, wie es mir ging, als ich zu Andrew zog. Ich hatte eine ziemlich lange Zeit alleine gelebt und Konflikte erwartet. Aber da, wo ich sie erwartet hatte, nämlich im Alltagsleben, funktionierten wir beide reibungslos miteinander. Wir stellten fest, dass wir die gleiche Dreckschwelle hatten (und die ist bei uns ziemlich hoch). Also kamen wir in diesem Bereich großartig miteinander zurande.

Ich bekam aber auf einer ganz anderen Ebene Probleme. Mir ging es die ersten Monate immer schlechter, weil ich davon überzeugt war, dass er mich nicht lieben würde. Ich musste feststellen, dass ich anscheinend unbewusst ein Kitschbild von Beziehungen und Liebe aufgebaut hatte, dass von hunderten Kitschromanen geprägt war, die ich als Teenager verschlungen hatte. Er konnte mit diesem verklärten Bild von Beziehung als normaler Mensch gar nicht mithalten.

Als ich mir dessen bewusst wurde, konnte ich dieses innere Bild der Realität anpassen und lebe seither in einer ziemlich glücklichen Beziehung.

Bis ungefähr vor zwei Wochen.

Heute Morgen stellte ich fest, dass ich im Auto wieder einen inneren Monolog mit mir führte, der sich in etwa so anhörte: Er liebt mich nicht mehr. Zwar glaube ich, dass er mich mag. Aber er liebt mich nicht. Da bin ich mir ziemlich sicher. Er ist nur mit mir zusammen, weil es bequem für ihn ist. Er würde  sich ohne mich ganz schön langweilen. Aber immerhin mag er mich. Das ist doch schon mal was. Darauf kann man doch auch eine Beziehung aufbauen, oder? Schließlich ist er ja echt nett zu mir. Aber Liebe? Neee, das ist keine Liebe. Liebe sieht doch gaaaaaaaanz anders aus. Wenn er mich lieben würde, dann würde er .........

Und hier kam ich ins Stocken. Ich wusste nicht, wie ich diesen Satz beenden sollte. Ja, wie sollte er sich denn eigentlich verhalten, damit ich mir sicher sein konnte, dass er mich noch liebte? Mir wurde aber auch plötzlich bewusst, dass ich denselben inneren Monolog bereits seit etwa zwei Wochen mit mir führte.

Die Frage ist also, was müsste er tun, damit ich glauben kann, dass er mich liebt? Als ich mir diese Frage stellte, wurde es knifflig und ziemlich unangenehm für mich. Denn alles, was ich mir dazu ausdenken konnte, machte er bereits. Ein Mann, der seine Frau liebt, sollte sie meiner Meinung nach unterstützen, sie respektvoll und liebevoll behandeln, ihr Raum zum Wachsen geben, ihr Freiheit lassen, sie bewundern, auf ihre Bedürfnisse eingehen (soweit sie sich nicht mit seinen überkreuzen), ihr treu sein, ehrlich sein, und einfach nett zu ihr sein.

Ich kann wirklich sagen, dass Andrew all das erfüllt und sogar noch mehr. Meistens bin ich mir dessen auch dankbar bewusst. Warum komme ich also wieder auf den Gedanken, dass er mich nicht lieben würde?

In mein Unterbewusstsein ist immer noch dieses diffuse Bild von endloser brennender Leidenschaft eingebrannt. Ein Teil von mir scheint immer noch zu meinen, dass sich die Liebe eines Mannes nur durch seine tägliche Anbetung zeigen würde. Aber Himmel, mal ehrlich, wer will denn so etwas? So was würde doch nach einer Weile auch ein wenig lästig werden, oder?

Aber hinzu kommt diese innere Unsicherheit bei mir, dass ich ja nie wirklich weiß, was in ihm vorgeht. Ich muss ihm glauben, wenn er sagt, dass er mich liebt. Das einzige, was ich mit Sicherheit weiß, ist, wie ICH ihm gegenüber fühle.

Ich weiß, dass ich ihn liebe. Und ich muss mit der Tatsache leben, dass ich nie WIRKLICH wissen werde, was er genau für mich fühlt. Aber ich weiß auch, dass das normal ist. So geht es uns doch mit allen Menschen, oder? Eigentlich wissen wir doch nie, was sie uns gegenüber fühlen. Eigentlich weiß ich ja auch nicht, was meine Freundinnen für mich fühlen. Ich kann es von ihrem Verhalten ablesen und manchmal sagen sie es mir auch (und nicht immer sind es rein liebevolle Gefühle, die sie mir gegenüber ausdrücken). Aber wenn so eine Freundschaft dann gewachsen ist, sitze ich auch nicht ständig da und frage mich verunsichert, ob sie mich mögen. Ich fühle mich bei ihnen entspannt und vertraue darauf, dass, solange sie noch gerne Zeit mit mir verbringen, sie auch noch gerne mit mir befreundet sind.

Diese Entspanntheit, dieses Vertrauen darauf, dass alles ok ist, obwohl ich meinen Freundinnen nicht ständig ins Gehirn gucken kann, scheint mir bei Männern wohl im Moment noch nicht gegeben zu sein. Und vielleicht werde ich auch damit leben müssen, dass meine kitschigen Hollywoodbilder immer wieder hochkochen werden, wenn mich die Unsicherheit packt. Vielleicht wird das ja im Laufe der Jahre auch wieder besser.

Ich bin nur froh, dass ich mich dabei erwischen kann, wie ich wieder unerfüllbare Erwartungen über ihn stülpe. Erwartungen, die dazu auch noch so diffus sind, dass selbst ich nicht sagen kann, wie sie genau aussehen.

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