Sonntag, 7. Dezember 2014

Die böse Sockenschublade

Alles worauf wir uns konzentrieren, verstärkten wir. 
 
Meistens ist meine gute Laune einfach da. Ich freue mich über den Sonnenschein, lache über die grauen Eichhörnchen in unserem Garten, bewundere die Farbe des Himmels, erfreue mich an einem Lächeln von Andrew und fühle mich geliebt oder bin dankbar dafür, dass ich hier in den USA so wunderbare Freunde und einen so netten Arbeitsplatz gefunden habe.

Und dann gibt es die Tage, an denen ich bereits schlecht gelaunt aufwache. Was immer dafür die Ursache sein mag, ich bin mies drauf. Ich kann nichts Gutes mehr in meinem Leben wahrnehmen. Wenn ich Pech habe, dauerte diese Phase sogar mehrere Tage an. Früher, als ich alleine lebte, war das zwar auch nicht schön, aber ich war alleine. Ich zog mich zurück, futterte mich immer runder und pflanzte mich vor den Fernseher und schwelgte im Weltschmerz. Ich nahm das Telefon nicht ab und wartete einfach, bis mir meine Hormone wieder eine bessere Laune schenken würden.


Heute lebe ich aber mit einem Mann zusammen, der meine Laune leider früher oder später abbekommt. Mich stören plötzlich Dinge an ihm, die ich normalerweise gar nicht richtig wahrnehme. Es fängt immer mit Kleinigkeiten an. Er hat das Bett nicht gemacht, er hat nicht als erstes "Guten Morgen" gesagt, ständig muss er morgens unter der Dusche singen oder es stört mich, dass Andrew nie die Sockenschublade zumacht, nachdem er Socken daraus genommen hat. Normalerweise schiebe ich die Schublade einfach zu, wenn ich daran vorbei gehe. Aber an diesen Tagen bleibe ich dann davor stehen und könnte vor Wut ausflippen. Ich entwickle einen inneren Monolog darüber, der Andrew in einem ganz schlechten Licht erscheinen lässt. Das Adjektiv "faul" ist noch das netteste, das ich dann für ihn finden kann.

Ich steigere mich immer weiter in eine noch schlimmere Laune hinein und fange dann auch an, mich und mein ganzes Leben in Frage zu stellen. Ich kann nichts Gutes mehr an mir wahrnehmen, fühle mich als Versagerin und möchte eigentlich nur wieder zurück ins Bett kriechen.

Solche Phasen will ich nicht haben. Sie bringen nichts, außer dass ich mich schlecht fühle und leider manchmal auch, dass andere sich schlecht fühlen. Denn Kollegen und Freunde werden dann leicht Opfer meiner schlechten Laune. Außerdem gehen merkwürdigerweise an solchen Tagen auch immer wieder Dinge schief. Nichts großes, aber Kleinigkeiten, die mich in meiner Stimmung dann noch mehr herunterziehen.

Wie kann ich das Ruder rumreißen?

Erstens: Ich prüfe, ob meine Laune auf ein reales Problem hinweist
Ich glaube, das erklärt sich von selbst. Wenn ich das Problem nicht angehe, wird alles positive Fokussieren nicht auf Dauer helfen, mir ein glücklicheres Leben zu schenken.

Zweitens: Ich finde etwas, was in mir Gefühle der Freude und Dankbarkeit auslöst
Egal, was die Ursache meiner schlechten Laune sein mag, Fakt ist, dass jeder Gedanke, den ich denke, neue Gefühle in mir entstehen lässt. Wenn ich also Gedanken habe, die Andrew als faul deklarieren oder mich als Versagerin, sind es definitive die falschen Gedanken. Ich muss mich bemühen, Gedanken zu finden, die andere Gefühle bei mir hervorrufen können. Und die finde ich immer. Egal, wie miserabel es mir gerade geht. Ich konzentriere mich auf Dinge, die ich in diesem Moment, in dem ich gerade bin, mit Leichtigkeit als positiv bewerten kann. So kann es z.B. sein, dass mein Blick auf ein Buch im Bücherregal fällt und ich mich erinnere, wie gut ich es gefunden hatte, als ich es gelesen hatte. Oder ich schaue mir meine Pflanzen an. Ich habe nicht viele, aber die paar, die ich habe, liebe ich. Ich gehe zu meinem Pfennigbaum (hier heißt er Jade Tree) und kann mich tatsächlich sofort über ihn freuen. Vielleicht nur ein wenig, denn eigentlich bin ich nicht so wirklich in der Stimmung, mich zu freuen. Aber ich merke sofort, dass ich mich zumindest nicht mehr weiter in meiner Gefühlsspirale nach unten bewege. Und wenn ich dann meine Aufmerksamkeit von meinem Pfennigbaum zu der Küche wende, weil ich noch frühstücken muss, bemühe ich mich, bewusst, den Geschmack des Essens wahrzunehmen. Ich liebe mein Frühstück eigentlich. Es schmeckt mir immer. Darum fällt es mir auch an solchen Tagen leicht, mein Frühstück zu genießen.

Und so gehe ich bewusst weiter durch den Tag. Wann immer ich merke, dass die negativen, schweren Gefühle wieder Überhand nehmen wollen, konzentriere ich mich auf etwas, das mir mit Leichtigkeit ein wenig Freude bereiten kann. Ich denke an Dinge für dich ich in meinem Leben dankbar bin. Es ist Arbeit, denn an solchen Tagen wirkt es so, als wenn es eine dunkle Kraft gibt, die mich immer wieder nach unten zieht, sobald ich mal nicht aufpasse. Immer wieder erwische ich mich dann wieder dabei, dass ich mich oder jemand anderen für irgendetwas runtermache. Es ist richtige Arbeit, dem nicht nachzugeben und sich stattdessen auf etwas zu konzentrieren, dass sich besser anfühlt.

Aber es lohnt sich. Denn meine Stimmung ist an solchen Tagen bei weitem nicht mehr so schlimm wie sie früher war. Der Himmel mag vielleicht nicht so strahlend blau sein und die Eichhörnchen sind für mich dann vielleicht auch kein Grund mehr, zu jubilieren, aber ich komme erheblich besser über die Tage. Ich kann offen mit meiner Stimmung umgehen und die Leute um mich herum warnen, dass sie mein eventuelles Fehlverhalten nicht persönlich nehmen sollen.

Je länger ich es schaffe, meinen Fokus auf das Positive in meinem Leben zu halten, desto mehr Raum nehmen die Gefühle ein, die diese positiven Gedanken in mir ausgelöst haben.

Denn alles, worauf wir unseren Fokus richten, wird größer. Konzentrieren wir uns auf etwas Negatives, wird dieses noch mehr Gedanken nach sich ziehen, die mehr negative Gefühle auslösen. Aber das gleiche gilt auch für den Fokus auf positive Sachen. Fokussieren wir auf Dinge, die in uns freudige Gefühle auslösen, werden weitere positive Gedanken folgen, und damit auch noch mehr positive Gefühle. Es geht nicht anders. Es ist ein Naturgesetz. Das Gesetz der Anziehung. Gleiches zieht Gleiches an.

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