Dies alles sind Situationen, die für mich unangenehm sind, denen ich mich manchmal aber trotzdem unterziehe, weil ich überzeugt bin, dass sie wichtig für mich sind. Wie kann ich also diese Situation angenehmer für mich gestalten?
Indem ich meine Gefühle ändern.
Meine Gefühle sind in solchen Situationen die einzigen, die es mir schwer machen. Gefühle wie Angst, Unbequemlichkeit oder Unsicherheit sorgen dafür, dass ich eine Situation nicht neutral bewerten kann und eventuell sogar übertreibe. Meine Gefühle beeinflussen aber auch mein Verhalten und gestalten somit auch im Außen die Situation auf eine Art und Weise mit, die dann zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung führt. Oft werden solche Gefühle durch uralte Gedankenmuster hervorgerufen, die mich schon seit Ewigkeiten begleiten und immer wieder in bestimmten Situationen angetriggert werden.
Dank Therapien, Selbsthilfegruppen, langer Gespräche mit guten Freunden oder das Durcharbeiten von Selbsthilfebüchern, konnte ich einige meiner alten Muster auflösen.
Aber für die kleinen und alltäglichen Situationen des Lebens, gibt es eine viel einfachere und schnellere Methode.
Wenn ich z.B. an das zukünftige Ereignis denke, stelle ich mir die folgende Frage: "Wäre es nicht schön, wenn . . ." und male mir aus, wie du ich mich in der betreffenden Situation fühlen möchte. Manchmal male ich mir jedes Detail der gewünschten Situation aus, aber es kommt hierbei nicht auf die Details an, sondern darauf, dass ich jetzt im Voraus das fühle, was ich eigentlich gerne in der betreffenden Situation fühlen möchte.
Seit sechs Jahren fliege ich zweimal im Jahr zwischen Deutschland und den USA hin und her. Ich fliege natürlich Economy und habe immer auf den Langstreckenflügen gelitten. Der Flug zwischen Europa und Boston dauert immer zwischen sechs und sieben Stunden. Meist tat mir bereits nach einer halben Stunde der Rücken weh, da die Rückenlehnen der Sitze nie so geformt waren, dass sie für mich bequem waren. Nach zwei Stunden taten mir die Knie weh, die gegen den Vordersitz drückten und die danach schrien, bewegt zu werden. Meine Schultern und mein Nacken verkrampften sich, wenn ich bei den Nachtflügen versuchte, ein wenig zu schlafen. Und es war immer so verdammt eng. Ich bin normalgewichtig aber manche Maschinen scheinen nur für zierliche Asiaten gemacht zu sein, so dass ich gerade mal in die Sitze zu passen scheine.
Letztes Jahr habe ich dann diese kleine Übung entdeckt und gleich ausprobiert. In den zwei Wochen vor meiner nächsten Reise, verscheuchte ich alle bangen Gedanken an Rückenschmerzen, Enge und Unbequemlichkeit. Stattdessen dachte ich daran, wie schön es wäre, Business Class fliegen zu können. Wäre es nicht schön, wenn ich mich vollkommen entspannt ausstrecken könnte und viel Raum zum bewegen hätte? Wäre es nicht schön, wenn ich mich vollkommen entspannen könnte und tief einschlafen und erholt wieder aufwachen könnte? Wäre es nicht schön, wenn ich gut gelaunt, den Luxus um mich herum wahrnehmen könnte? Wäre es nicht schön, wenn der Sitz perfekt für meinen Rücken geformt wäre und ich vollkommen bequem sitzen könnte?
Ich malte mir diese Situation immer wieder aus (und ehrlich gesagt hoffte ich, dass irgendein gütiges Schicksal dafür sorgen würde, dass ich aus heiterem Himmel, ohne etwas dafür bezahlen zu müssen, einen Platz in der Business Class bekommen würde). Ich malte mir diese Situation so aus, dass ich bereits im Voraus die vollkommene Entspannung und den großzügigen Raum um mich herum wahrnehmen konnte. Ich konnte spüren, wie mein Körper bequem seine Position in dem Sessel so verändern konnte, dass mich frei und vollkommen wohl fühlte.
Dann war ich gespannt auf den wirklichen Flug. Nein, mir wurde kein Platz in der Business Class zugewiesen, ich musste mich so wie immer hinten in der Economy Class niederlassen. Aber dieser Flug wurde der beste und bequemste, den ich je gehabt hatte. Ich fand, dass die Sessel erheblich weiter waren und hatte auch genügend Raum für meine Beine. Als wir dann in London landeten, war ich überrascht, dass ich immer noch keine Rückenschmerzen hatte. Mensch, dachte ich, dass muss ein Flugzeugtyp sein, den ich noch nie geflogen bin. Anscheinend hat man hier in der Economy viel mehr Raum für die Passagiere gelassen, als sonst üblich. Auch wenn ich nicht in die Business Class gekommen war, erklärte ich mein kleines Experiment für erfolgreich bestanden. Ich hatte mich während dieses Fluges genauso gefühlt, wie ich es mir in den letzten Wochen immer wieder vorgestellt hatte.
Nachdem die Maschine gelandet war und sich alle Passagiere bereit für den Ausstieg machten, drehte sich mein Vordermann um und sprach zu meinem linken Sitznachbarn. Beide klagten darüber, wie furchtbar der Flug doch gewesen sei. Sie waren sich vollkommen einig darüber, dass sie noch nie in so kleinen Sitzen mit so wenig Beinfreiheit gesessen hatten und die Rückenlehnen wären ja nun wirklich unter aller Sau gewesen. Beides waren mittelgroße und schlanke Männer, nicht größer oder viel schwerer als ich.
Unsere Gedanken und Gefühle erschaffen unsere Realität. Immer. Warum wollen wir das nicht häufiger zu unseren Gunsten nutzen?
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Find this article also in English- Mind over Matter: Can You Get a Seat in Business Class, Just by Thinking About it? - Die englische Version dieses Artikels
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