Können mir meine Träume dabei helfen, herauszufinden, warum ich in den letzten Monaten zugenommen habe?
Mittlerweile hat ja jeder schon davon gehört, dass unsere Träume unser Verbindungsglied zu unserem Unterbewusstsein sind. Ich finde meine Träume jedoch meistens eher verwirrend als hilfreich. Allerdings wurde ich vor ein paar Tagen wieder daran erinnert, dass man Träume zum Lösen von Problemen nutzen solle. Man müsse sich einfach nur abends vornehmen, dass man sich am nächsten Morgen an seine Träume erinnern will und schon hat man vielleicht etwas mehr Informationen darüber, was in einem so vorgeht.
Ich habe nämlich ein Problem, über dessen Lösung ich mir überhaupt nicht im Klaren bin. Ich nehme zu. Seit dem Frühling sehe ich jeden Monat auf meiner Waage ein bis zwei Pfund mehr. Da ich mich aber strikt an meinen Essplan halte, weiß ich, dass diese Gewichtszunahme nicht vom Überessen kommt. Nun kann es ja sein, dass mein Körper jetzt weniger Kalorien braucht als früher und ich meinen Essplan dahingehend anpassen muss. Dabei habe ich genau das in den letzten vier Jahren bereits zwei Mal gemacht. Wo soll das noch enden?
Ich bin ja davon überzeugt, dass psychische Ursachen mitverantwortlich für eine Gewichtszunahme sein können. Allerdings hatte ich als Esssüchtige früher nie wirklich die Gelegenheit, dass an mir selber zu beobachten. Da ich andauernd am essen war und daher auch ständig zunahm, konnte ich schlecht sehen, ob mein Körper in manchen Phasen meines Lebens mehr an seinen Fettpölsterchen hielt und in anderen weniger. Und somit blieb mir jede Chance verwehrt Rückschlüsse auf eventuelle psychische und emotionale Auslöser zu schließen.
Aber jetzt möchte ich das erste Mal wirklich nach anderen Ursachen Ausschau halten und nicht gleich wieder meine Kalorienzufuhr verringern. Die letzten beiden Male hatte die Reduzierung meines Essplanes zwar den gewünschten Erfolg gezeigt, denn ich nahm innerhalb kürzester Zeit die zugenommenen Pfunde wieder ab, aber das hielt nicht lange an. Mein Gewicht blieb ungefähr drei bis fünf Monate stabil und dann nahm ich alles wieder zu.
Da muss doch noch irgendetwas anderes dahinter stecken, oder? Das kann doch nicht nur am Bewegungsmangel oder an einem verlangsamten Stoffwechsel auf Grund meines hohen Alters sein.
Daher war ich froh über die Idee, meine Träume zu Rate zu ziehen. Es brauchte ein paar Nächte bei mir aber dann wachte ich eines Morgens auf und hatte überraschenderweise zwei Szenen im Kopf, die genau zu meiner Frage passten.
1. Szene
In der ersten Szene betrachtete ich mich in einem großen Spiegel und stellte zu meinem Entsetzen fest, dass ich wieder dick war. Egal, wie sehr ich mich auch drehte und wendete, alles war wieder da. Nein, warte mal, doch nicht alles. Ich war noch nicht ganz so dick, wie damals vor 8 Jahren. Ich hatte noch nicht den furchtbar dicken Bauch. Aber einen Hintern und Oberschenkel hatte ich . . . zum weglaufen.
Ich stellte mich frontal zu meinem Spiegelbild hin und stützte frustriert meine Hände auf meine wuchtigen Hüften. Wo kam nur all das Fett plötzlich her? Eben gerade sah ich doch noch ganz normal aus!
Und dann fiel mir auf, dass etwas nicht stimmte. Ich schaute an mir runter und sah meinen vertrauten normalgewichtigen Körper. Ich verglich noch einige Male mein Spiegelbild mit meinem eigenen Körper, um auf Nummer sicher zu gehen. Als mein Gefühl von Verwunderung und Schreck sich gerade in Erleichterung verwandeln wollte, da wechselte auch schon die Szene . . .
2. Szene
Ich besichtigte eine riesige Wohnung. Es war eine WG mit ungeheuer vielen Zimmern aller Größen und Farben und Formen. Es war phantastisch, fast wie ein Abenteuerspielplatz. Während ich mir also neugierig jedes einzelne Zimmer dieser WG anschaute und dabei lauter Menschen begegnete, die ich kannte, kam ich in einen riesigen Raum. Eigentlich fühlte sich dieser Raum mehr wie ein Platz an, denn dort gab es eine Inse, begrenzt durch einen schmalen Wassergraben und einem Zaun: Die Insel selber war ein kleiner Berg auf dem Affen spielten (Das war wahrscheinlich eine Erinnerung an meinen Besuch der Affen auf Gibraltar vor drei Wochen). Die Affen hatten zwei Wärterinnen, die beide sehr dick waren.
Während ich am Zaun stand und den Affen zuschaute, fühlte sich eine der beiden Wärterinnen davon irgendwie gestört und fing an, mich zu beschimpfen. Als ich zu ihr rüberschaute, hatte ich den Eindruck, dass sie dabei immer dicker wurde. Sie kam auf mich zu und stand dann mir direkt gegenüber, nur der Wassergraben und der Zaun trennten uns voneinander. Inzwischen waren ihre Fettberge zu einem solchen Umfang angewachsen, dass ihr wackelnder Kopf nur noch wie eine kleine Kugel in einem aufgeplatzten Kissen wirkte. Ich starrte sie an, während sie weiter keifte und konnte noch nicht mal mehr Abscheu empfinden, so hässlich und abstrus sah sie inzwischen aus.
"Du brauchst gar nicht so zu starren", schrie sie "ich weiß genau wie ich aussehe. Du blöde Tussie hast ja keine Ahnung, wie es mir geht. Hau ab, du blöde Sau, hau bloß ab!" Sie wurde immer lauter.
"Aber ich weiß sehr gut, wie es dir geht. Ich war auch mal so dick. Ich weiß sogar ganz genau, wie es dir geht. "
"Ha, lüg doch nicht du dumme Ziege. Nie und nimmer kannst du wissen, wie sehr ich leide. Ich weiß doch genau, wie sehr du mich für mein Fett verachtest. Jeder, der mich sieht, verachtet mich. Ich bin ein Monster!"
"Du musst mir glauben, dass ich nicht nur weiß, wie es dir geht, sondern ich weiß auch, dass es eine Lösung für dich geben kann. Ich habe doch auch abgenommen. Was mir geholfen hat, kann dir auch helfen. Du musst mir glauben. Es gibt Hoffnung"
"Für mich gibt es keine Hoffnung."
"Warum sollte es für alle Hoffnung geben, aber nur für dich nicht?"
"Weil ich das Schlank-Sein nicht verdient habe!"
Ich wurde einen Moment still. Und in diesem Moment fiel mir auch auf, dass wir nicht mehr durch Graben und Zaun voneinander getrennt waren. Wir gingen zusammen eine Straße mit Einkaufsläden entlang.
"Natürlich hast du es verdient schlank zu sein. Jeder hat das verdient."
Das sagte ich dann zwar zu ihr aber so richtig glauben konnte ich das selber nicht. Hatte sie es wirklich verdient, schlank zu sein? Und hatte ich es überhaupt verdient? Aber ich ließ mir meine Zweifel nicht anmerken und redete weiter auf sie ein. Ich wollte sie unbedingt davon überzeugen, dass sie es verdient hatte.
Und während wir so weitergingen und uns unterhielten, bemerkte ich, wie ihre Fettmassen rasend schnell wegschmolzen. Dann blieben wir vor einem Laden stehen. Sie schaute sich dort die Kleider an und als ich sah, dass sie gertenschlank war und ein eng tailliertes rosanes Kleid trug, ging ich alleine weiter. Sie war jetzt sogar schlanker als ich. Sie brauchte mich nicht mehr.
Ich war baff, dass die beiden Traumsequenzen so viel Sinn für mich machten. Sie waren eine direkte Antwort auf meine Frage.
1. Ich glaube nur, dicker zu werden, aber in Wirklichkeit hat sich mein Körper nicht verändert.
-> Diese Aussage ist erst mal schwer zu glauben. Schließlich lügt meine Waage ja nicht. Andererseits ist es schon komisch, dass mir alle meine Klamotten noch prima passen - auch die engen, die nicht aus Stretchmaterial sind. Das ist doch komisch, oder?
2. Solange ein Teil von mir noch denkt, dass er es nicht verdient hat, schlank zu sein, werde ich auch weiter zunehmen.
-> Auch davon bin ich sehr überrascht. Ich meine, an sich ist diese Aussage ja bestimmt nicht falsch, aber ich hatte eigentlich nicht gedacht, dass ich noch diesen Glaubenssatz mit mir rumschleppen könnte. Ich weiß aber noch genau, dass ich früher jahrzehntelang geglaubt habe, dass ich es nicht verdient hatte, schlank zu sein. Schließlich glaubte ich, dass ich eine charakterschwache und abstoßende Frau war. Nur gute und disziplinierte Menschen verdienten es, schlank zu sein.
Jetzt brüte ich also seit ein paar Tagen über die Botschaft meiner Träume. Immer wieder sage ich mir, dass ich es verdient habe, schlank zu sein. Jeder hat das verdient. ES GIBT KEINEN EINZIGEN GRUND, DER RECHTFERTIGEN KÖNNTE, DASS MAN SEIN ÜBERGEWICHT VERDIENT HABEN KÖNNTE.
So versuche ich einen Glaubenssatz zu verändern, von dem ich bis eben noch nicht einmal gewusst hatte, dass ich ihn habe. Aber trotzdem erkenne ich mich in ihm wieder. Zu lange habe ich als extrem übergewichtige Frau gelebt. Eigentlich ist es logisch, dass mich noch alte Schamgefühle begleiten.
Ich bin gespannt, ob die Erkenntnisse, die mir meine Träume geschenkt haben, auch einen Unterschied auf der Waage zeigen werden.
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