Montag, 26. Januar 2015

Blindschleiche

Die ersten 40 Jahre habe ich mich eines phantastischen Sehvermögens erfreuen dürfen. Als ich ungefähr 41 Jahre alt war, merkte ich eines Abends, dass ich Kleingedrucktes weiter von mir weghalten musste, damit ich es lesen konnte. Mehrere Jahre habe ich diese Veränderung zu ignorieren versucht. Aber vor drei Jahren habe ich mir meine erste Billig-Lesebrille besorgen müssen, denn zu diesem Zeitpunkt erahnte ich kaum noch, was ich vor mir sah, wenn es auf Armlänge vor mir lag.

Nun bin ich ja eine absolute Verfechterin dafür, dass es für alles, was mir passiert, eine innere Ursache gibt, die es zu ergründen gilt (wenn ich das möchte). Das funktioniert bei mir auch prächtig solange es sich um Beziehungsprobleme (mit Mann, Familie, Freunde, Kollege, etc.), unangenehme Situationen (Auto bricht zusammen, Schlüssel verloren, Probleme mit Behörden, etc.) oder um Umstände handelt, die mich emotional mitnehmen (zu wenig Geld, Zukunftsängste, etc.).

Alle diese Sachen betrachte ich mir gerne erst einmal daraufhin, was mein innerer Anteil daran sein könnte. Und dann versuche ich erst einmal meine innere "Landschaft" in Ordnung zu bringen, bevor ich im Außen aktiv werde.

Aber bei Krankheiten gelingt mir das noch nicht so gut. Habe ich ein Wehwehchen, nehme ich eine Pille. Punkt. Ganz einfach. Im Hinterkopf spukt mir natürlich die ganze Zeit herum, dass ich doch mal näher hinschauen sollte, warum ich so oft Kopfschmerzen oder andere Beschwerden habe.
Ich weiß, dass meine Wehwehchen eine Somatisierung verdrängter Gefühle sein können. Schließlich ist Körper, Geist und Seele eine untrennbare Einheit. Der Körper ist keine vom Rest des Ganzen abgetrennte Maschine, die einfach so repariert werden kann.

Manchmal, oft erst nach einer ziemlich langen Leidensperiode, überwinde ich mich dann doch nach den möglichen inneren Ursachen für meine Symptome zu forschen. Aber mir fällt es immer noch ungeheuer schwer, mich mit meinen physischen Symptomen auseinanderzusetzen. Keine Ahnung warum.

Jedenfalls geht es mir genauso mit meiner immer schwächer werdenden Sehschärfe.

Ich habe gerade angefangen das Buch eines Optikers zu lesen, der nach etlichen Jahren des Praktizierens vollkommen frustriert in seinen Beruf war. Ihm wurde beigebracht, dass das Auge das einzige Organ war, das sich nicht selbst heilen konnte. Wer kurzsichtig war, blieb kurzsichtig und es würde sich mit aller Wahrscheinlichkeit im Laufe der Jahre auch verschlimmern. Er verpasste seinen Klienten jedes Jahr immer stärkere Brillengläser, mit dem Wissen, dass diese Entwicklung nicht Rückgängig zu machen war. Er war so frustriert, dass er Anfing selber Versuche zu machen, ob man die Sehschärfe nicht doch wieder herstellen könnte und er war damit angeblich erfolgreich.

Er kam darauf - welche Überraschung - dass auch das Sehen ein ganzheitlicher Prozess ist und nicht nur ein mechanischer. Er beobachtete, dass die Sehfähigkeit von der Einstellung, den Glaubenssätzen und der gesamten Verfassung der jeweiligen Person abhing. Er stellte fest, dass das Sehen unmittelbar mit unseren Gefühlen und Erinnerungen verbunden ist und dass Brillen dafür sorgen, dass bestimmte Augenbewegungen verhindert werden, die uns mit unseren Gefühlen und Erinnerungen in Kontakt bringen würden.

Das hörte sich für mich logisch an. Ich hatte ja schon vor langem davon gehört, dass unsere Augen bestimmte Positionen einnehmen wenn unser Gehirn am arbeiten war. Wenn wir z.B. versuchen eine Erinnerung abzurufen, geht der Blick der meisten Menschen nach links, wenn wir lügen oder uns etwas Neues vorzustellen versuchen, geht der Blick eher nach rechts (dies soll bei Linkshändern genau umgekehrt sein). Wir haben für alle inneren Vorgänge eine bestimmte Augenstellung. Eine Brille zwingt das Auge aber immer geradeaus zu blicken, da die Brille dort ihren Fokus hat. Statt also die Augen zu bewegen, wird eher der Kopf bewegt, da man ja nicht den Fokus verlieren will. Uns somit kommen die Brillenträger, so sagt es jedenfalls Jacob Liberman, mit den meisten ihrer Gefühle gar nicht in Kontakt. Und das verschlimmere das Problem mit der Zeit natürlich.

Ich habe das Buch noch nicht fertig gelesen, darum kann ich nicht sagen, ob der Rest davon auch Sinn für mich machen wird. Aber als ich das las, kam mir ein Gedanke: Kann es wirklich ein Zufall sein, dass sich meine Sehschwäche ausgerechnet dann bemerkbar machte, als ich mitten dabei war, mein enormes Übergewicht abzunehmen, das ich seit Jahrzehnten mit mir rumgeschleppt hatte?

Wenn ich davon ausgehen würde, dass die Theorie von Jacob Liberman richtig ist, dann bedeutet meine mangelnde Sehschärfe, dass ich etwas in mir nicht richtig wahrnehmen möchte. Ich weiß, dass mein Übergewicht und meine Esssucht genau diese Funktion bei mir hatten, denn ich übertünchte meine Ängste und Unsicherheiten damit. Als ich also aufhörte, Essen als eine Art Betäubungsmittel zu benutzen und mein Schutzwall an Fett in wundervoll rasender Geschwindigkeit immer kleiner wurde, konnte ich plötzlich nicht mehr scharf sehen.

Habe ich also das eine Symptom mit dem anderen vertauscht? (wobei ich hier sagen muss, dass ich mich über diesen Tausch niemals beklagen würde - lieber eine Brille als wieder Größe 60 tragen zu müssen)

Ich bin erst einmal begeistert! Ich liebe es, wenn ich solche Einsichten habe und dann nach weiteren forschen kann. So etwas gibt mir immer die Hoffnung, dass ich vielleicht doch noch etwas verändern kann. Und sehr oft kann ich dann auch etwas verändern.

Es könnte natürlich auch sein, dass die Behauptung wahr ist, dass eben bei allen Menschen die Sehschärfe ab 40 schwächer wird und ich mich ins Unvermeidliche schicken muss.

Aber andererseits könnte dies auch nur ein Glaubenssatz sein, der einfach nur von vielen Menschen geglaubt wird (so, wie damals, als vor etwa 100 Jahren behauptet wurde, dass Spinat unglaublich viel Eisen haben würde und selbst Ärzte dies über viele Jahrzehnte weg behaupteten). Nicht alles, was viele Menschen glauben, muss deswegen richtig sein.

Also, ich werde weiter bei mir forschen. Wenn ich es schaffe, eine Spontanheilung meines Sehvermögens zu bewirken, werde ich selbstverständlich in diesem Blog darüber schreiben.

Drückt mir die Daumen.

Karina

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