Donnerstag, 25. Februar 2016

Und wieder erliege ich dem Gruppendruck


Ist es nicht lästig, wie man manchmal Dinge tut, die man nicht tun will, nur weil alle Welt sagt, dass es gut ist, wenn man sie tut?

Schon seit Ewigkeiten will ich meditieren können. Ganz früher habe ich mir immer wieder Bücher und CDs besorgt, deren Meditationen mir versprachen intelligenter, schlanker, spiritueller und generell gesünder zu werden. Ich erhoffte mich durch Tiefenentspannung in eine Gazelle zu verwandeln und vielleicht nebenbei auch noch mit ein paar Geistern Kontakt aufzunehmen, die mir die nächsten Lottozahlen verraten würden.

Allerdings hatte ich ein Problem dabei, dass meinen Enthusiasmus immer wieder stark abbremste. Wann immer ich mich in eine bequeme Position setzte oder legte und dann den Anweisungen, entweder von den CDs oder den Büchern, folgte, kam ich aus der ach so gesunden Meditation mit Verspannungen heraus, die mir manchmal sogar Kopfschmerzen bescherten.

Ich befolgte allen Anweisungen, unterhielt mich mit Meditations-Profis, besuchte einen Kurs (nur einen, ich gebe es zu) und litt weiter unter Schmerzen, wann immer ich meditierte - trotz aller Befehle, mich und diverser Körperteile zu entspannen. Hinzu kam, dass ich mich dabei furchtbar langweilte. Das alles schien einfach keinen Sinn für mich zu machen.

Also habe ich irgendwann in meinen Dreißigern damit vollkommen aufgehört. Meditation mochte ja für jeden Menschen auf diesem Planeten gesundheitsfördernd sein, mir brachte es nur Frust. Und Frust soll ja ungesund sein.

Und dann kam ich zu dem Zwölf-Schritte-Programm mit dem ich meine Esssucht und mein Übergewicht überwinden konnte. Dort wird andauernd von den unglaublichen Wohltaten des Meditierens berichtet. Es geht sogar so weit, dass uns ganz eindeutig empfohlen wird, täglich eine halbe Stunde zu meditieren. Alle, die das tun, erzählen ständig, wie sehr ihre Lebensqualität sinkt, wenn sie NICHT jeden Morgen ihre halbe Stunde Meditation machen.

Also mir fehlte das Meditieren nie. Ich fühlte mich auch so entspannt im Hier und Jetzt. Ich wollte es eigentlich nicht wieder versuchen.

Aber es ist immer schwierig, sich dem Gruppendruck zu entziehen. Darum gibt es ja schließlich diese Gruppen, um (in diesem Fall) einen positiven Gruppendruck aufzubauen. Und außerdem sind es meistens Zwölf-Schritte-Oldtimer, die schon seit vielen Jahren ihre Esssucht mit Hilfe dieses Programms zum Stillstand gebracht haben, die am lautesten davon schwärmen. Sie sind überzeugt davon, dass Meditation eine wichtige Säule für ihre Gewichtsabnahme und -erhaltung ist.

Also bin ich in diesem Punkt wieder da, wo ich vorher war. Seit acht Jahren plage ich mich wieder mit diesem alten Thema herum. Klar habe ich Phasen, wo ich den Leuten innerlich den Stinkefinger zeige und eben nicht meditiere. Aber nach ein paar Wochen und ständiger Beschallung anderer, die ja so davon überzeugt sind, versuche ich es dann doch wieder.

Heute kann ich zumindest davon berichten, dass ich meistens ohne Kopfschmerzen aus meiner Meditation komme. Ich bin dann auch nicht mehr verspannt, als ich es vor der Meditation war. Aber ich glaube immer noch nicht, dass man das, was ich da tue, Meditation nennen kann. Egal auf was ich mich konzentrieren soll, meinen Atem, irgendwelche Geräusche oder Musik, innerhalb von drei Sekunden bin ich mit meinen Gedanken, die ich ja eigentlich zum Stillstand bringen soll, meilenweit weg. Ich hole mich dann zwar immer wieder zurück, aber dieses Hin- und Her finde ich immer noch höchst anstrengend und frustrierend.

Aber jetzt hat mir eine Freundin eine Meditations-App empfohlen. Ich liebe doch mein iPhone und iPad und alles, was damit zusammenhängt. Das sind für mich die schönsten Spielzeuge der Welt. HeadSpace heißt die App und eine nette Stimme in britischem Englisch führt einen durch kurze, manchmal nur ein paar Minuten dauernde, Meditationen. Weil es auf meinem iPhone ist, versuche ich es also wieder. Jeden Tag 10 Minuten. Ich find`s immer noch langweilig aber 10 Minuten sind noch verkraftbar.

Meditation ist nicht der einzige Bereich, wo ich immer wieder dem Gruppendruck nachgebe. Das Thema Sport ist bei mir genauso so ein Kampfgebiet. Nach einer Weile entsteht bei mir solch ein Druck, weil ich ja nicht tue, was soooooooooo guuuuuuuut sein soll und gebe ihm dann irgendwann nach. Immer wieder versuche ich es mit Sport oder Meditation und jedes Mal sind es bestenfalls langweilige und schlimmstenfalls schmerzhafte und unerfreuliche Momente meines Lebens.

Ich werde weiter mit meinem iPhone meditieren. Man kann ja nie wissen, vielleicht wird mich ja jetzt die Erleuchtung erwischen, von der alle immer so reden. Oder ich werde schweben lernen. Aber wenn es wieder zu frustig wird, höre ich damit auf und mache etwas, was ich liebe: Noch mehr schreiben.

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