Samstag, 28. März 2015

Unglücklichsein verboten!


Überall hören wir, wie wichtig und erstrebenswert es ist, dass wir ein glückliches und erfülltes Leben führen. Ich selber verbreite diese Weisheit ständig und arbeite auch hart daran, sie selber zu leben. Wieso ist es dann möglich, dass wir trotzdem immer wieder Momente oder auch längere Phasen erleben, in denen es uns ziemlich schlecht geht? Machen wir irgendetwas falsch?

Solange ich denken kann, lag all mein Streben immer darin, ein glückliches, zufriedenes Leben zu finden. 


Alles, was ich tat, las und unternahm, hatte nur dieses eine Ziel. Sogar meine Esssucht. Essen war einfach toll. Nichts konnte in mir so positive Gefühle auslösen wie Süßigkeiten und Knabberzeug (das dann leider aber auch Ursache für sehr schmerzliche Gefühle sein konnte).

Diäten, Therapien, Selbsthilfegruppe, Kurse, Selbsthilfebücher, Rituale - all das machte ich, damit ich mich besser fühlen konnte.

Und ich war erfolgreich. Ich kann sagen, dass es mir über die Jahre immer besser ging. Manchmal dauerten Fortschritte zwar eine ganze Weile, bis ich sie wahrnahm aber heute bin ich definitiv an einen Punkt in meinem Leben angelangt, wo ich mich noch nie so gut gefühlt habe. Mein Leben ist wunderbar. Und ich will, dass es noch besser wird, denn sonst wird mir langweilig.

Ich habe also auf meinem Weg hierher zig Methoden gelernt, mit denen ich dafür sorgen kann, mich besser zu fühlen. Die Gewaltfreie Kommunikation, The Work von Byron Katie und das Gesetz der Anziehung sind nur einige davon. Und trotzdem kommt es immer wieder vor, dass ich mich plötzlich in Stimmungstiefs befinde, die noch nicht einmal von irgendwelchen äußeren Umständen ausgelöst wurden. Schlapp und miesepetrig blicke ich dann nur auf das, was in meinem Leben noch nicht so gut klappt.

Ich bin jedes Mal entsetzt, wenn das passiert. Ich sollte es doch nun wirklich besser wissen! Mit all meinem Wissen und meiner Erfahrung sollte ich doch viel besser gegen solche Stimmungstiefs gewappnet sein. Ich kenne alle möglichen Methoden, um der Ursache für meine negativen Gefühle auf den Grund zu gehen und dann diese Ursachen direkt zu „behandeln“. Ich weiß ja, dass ich ein großartiges Leben habe, aber trotzdem fühle ich es in solchen Momenten nicht. Ich weiß ja, dass ich einen guten Job habe, und trotzdem mag ich ihn manchmal überhaupt nicht.

Aber das Schlimmste ist: Wenn ich mies drauf bin, befürchte ich, dass ich mit meiner miesen Laune alles nur noch schlimmer mache. 


Schließlich zieht mies ja auch nur mies an. Wenn ich also schlechtgelaunt die Straße runtergehe, schiele ich auch misstrauisch in den Himmel, weil mir ja ein Klavier auf den Kopf fallen könnte. Zu meiner schlechten Laune kommt dann also auch noch Angst. Verzweifelt frage ich mich dann, was ich denn wieder falsch gemacht habe und welche Methode ich denn jetzt bloß schnell anwenden könnte, um mich sofort wieder in den optimistischen und gut gelaunten Menschen zu verwandeln, der ich so gerne bin.

Aber gestern ist mir mal wieder bewusst geworden, dass ich anscheinend immer noch manchmal den unglaublichen Anspruch an mich habe, IMMER GLÜCKLICH SEIN ZU MÜSSEN. Wenn ich mich mal nicht optimistisch und energiegeladen fühle, bin ich überzeugt, dass ich etwas falsch gemacht habe. Ich denke dann sofort, dass ich versagt habe. Denn sich schlecht fühlen ist ja schlecht und sich gut fühlen ist gut. Oder etwa nicht?

Nein!

Es ist keinem Menschen auf dieser Erde möglich, nonstop gut gelaunt zu sein. Egal wie gesund, reich, schön oder erfolgreich jemand auch sein mag, es werden immer Momente eintreten, die auch unangenehme Gefühle hervorrufen. Keine Meditation, kein Ritual und keine „Magie“ kann das vermeiden. Schmerzliche Gefühle zu erleben, ist so unvermeidlich wie der Tod. Sie gehören zum Leben dazu wie die Jahreszeiten. Ohne solche Momente, könnten wir wahrscheinlich nicht die anderen Gefühle wertschätzen. Denn ist es nicht so, dass wir uns ganz schnell an etwas gewöhnen können? Auch an das Gute? Und dann nehmen wir es nicht mehr wahr, weil es selbstverständlich für uns geworden ist. Mir geht es jedenfalls auf alle Fälle so.

Ich glaube aber auch, dass die weniger guten Gefühle bei mir immer so eine Art Wachstumsschmerz darstellen. Sie weisen mich auf etwas hin, dass mich stört. Manchmal kann ich die Ursache schnell auffinden und beheben, manchmal dauert es etwas länger. Aber immer, wenn ich solche Phasen überwunden habe, habe ich etwas gelernt oder irgendetwas verändert, so dass sich mein Leben wieder ein kleines bisschen verbessert hat.

Dies ist nun weiß Gott keine neue Erkenntnis. Und ganz bestimmt stammt diese Erkenntnis nicht von mir. Aber ich bin froh, dass ich mich mal wieder an sie erinnert habe. Es ist nämlich schon blöd genug, wenn ich mich gerade frustriert oder traurig fühle. Mir dann auch noch zusätzlichen Druck oder vielleicht sogar Angst zu machen, hilft dann ja nun wirklich nicht weiter.

Ich muss mich also nur an die folgenden Schritte erinnern. Ich werde sie mir an die Kühlschranktür hängen.

Erste Hilfe bei schlechter Laune;

1.    Keine Panik und Ruhe bewahren. Ich mache mir bewusst, dass es normal und ok ist, dass ich mich gerade scheiße fühle. Dies gehört zum Leben dazu.
2.    Ich erlaube mir für einen begrenzten Zeitraum, höchstens eine Stunde, nach den Ursachen für meine miese Laune zu suchen.
3.    Wenn ich in diesem Zeitraum entweder keine eindeutige Ursache finden konnte oder sie, falls ich eine finden konnte, nicht sofort beheben kann, dann wende ich mich konsequent anderen erfreulicheren Dingen zu. Egal, was.
4.    Ich übe mich darin, meine miesen Gefühle anzunehmen und nicht mehr zu bekämpfen.
5.    Ich werde erst frühestens einen Tag später wieder über diese Angelegenheit nachdenken.

Gefällt euch der Schnappschuss von meinem Kühlschrank?

Und noch etwas: Ich würde mich wahnsinnig über Kommentare auf meinem Blog freuen, um einen Eindruck zu bekommen, ob das, was ich schreibe, auch für andere Sinn macht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen